Freitag, 16. Oktober 2009

Die wilden Rocker, die...

Ich bin kein übermäßig großer Mando Diao-Fan, die letzten beiden Alben habe ich gar nicht bzw. nur in Auszügen gehört. Trotzdem klicke ich Artikel in meinem Feedreader an, die von Ihnen handeln, schon allein um auf dem Laufenden zu bleiben. Der heutige Artikel in der Frankfurter Rundschau bietet kaum ungewöhnliches oder neues und wurde daher von mir auch nur grob überflogen. An einer Stelle aber blieb ich hängen:

Rockstar-untypisch mit nur 20 Minuten Verspätung hatten die fünf Musiker die Bühne betreten ­ unspektakulär über eine Seitentreppe.


Jetzt mal abgesehen davon, dass da ein Komma fehlt... Was hatte die Autorin denn bitte erwartet? Erstens beginnen die meisten Konzerte damit, dass sich die Musiker irgendwie von der Seite auf die Bühne bewegen, in den wenigsten Fällen spektakulär - es sei denn das Spektakel soll über Mängel in der musikalischen Qualität hinwegtäuschen oder es handelt sich um alte Helden à la Rolling Stones oder Bob Dylan. Und zweitens frage ich mich, was für ein Bild sie von Rockmusikern und ihren Konzerten hat.
Ich bin in den letzten 3 Jahren auf über 100 Konzerten (und in den 10 Jahren davor auf bestimmt 20) im Bereich Indie, Rock, Punk, Singer/Songwriter und Pop gewesen. Ab und an kommt es schon vor, dass ein Konzert nicht pünktlich beginnt. Ab und zu muss man schon 10 oder 15 Minuten warten. 20 Minuten sind meiner Meinung nach die absolute Ausnahme, weniger als 5 Minuten die Regel. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass das Touren heutzutage das Kerngeschäft im Musikbusiness ist, oder ob das wilde Rockstar-Sein schon immer nur ein Mythos war. Jedenfalls sind mehr als 20 Minuten Verspätung heutzutage definitiv nicht "Rockstar-typisch".
Jetzt hab ich mir nochmal den ganzen Artikel durchgelesen und weitere Klischees und Platitüden entdeckt: "ein Rockkonzert der Extraklasse", "Einen besseren Auftakt der "Give Me Fire!"-Tour hätten sich weder Band noch das rund 5000 Fans starke Publikum nicht wünschen können.", "Gekleidet in schlichte schwarze Anzüge, begannen sie ohne ein Wort mit dem Song [...]" (Hallo, welche Band redet bitte großartig bevor es losgeht?), "Insbesondere Norén wurde zum Star des Abend", "Norén gab den leicht überdrehten Rockstar, aber mit einer angenehmen Prise Selbstironie.", "Beiden war anzumerken, wie viel Spaß ihnen die eigene Musik macht. Das übertrug sich aufs jubelnde Publikum: das tanzte geschlossen das gesamte Konzert mit und wurde am Ende noch mit drei Zugaben belohnt."
Der Ablauf scheint mir im Grunde alles wenig überraschend, aber für die Autorin scheinbar doch so bemerkenswert, dass sie diese Fakten nennen muss. Naja, wahrscheinlich musste einfach ein Text produziert werden, um die Plätze auf der Gästeliste zu rechtfertigen. Hab ich selber auch schon gemacht - ich hoffe nur, etwas besser ;)
Jedenfalls glaube ich, dass sich die dpa lieber auf ihre Kernkompetenzen (Politik, Wirtschaft etc.) konzentrieren sollte und das Schreiben über Musik den Profis überlassen sollte.

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